| Realsatire: Rotwein oder Laufen als Prävention? | 
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Herbert Steffny
(hierhin können Sie gerne
verlinken, 9.2.2012)
Der Mythos vom Rotwein als Medizin wackelt
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 | Als Realsatire
        bezeichnet Wikipedia "Vorgänge, die bereits bei
        nüchterner Beschreibung satirisch wirken." Die
        Frage ist also: nüchtern bleiben oder nicht? Zugegeben,
        ich koche gerne und runde als jemand, der immer nur in
        Weinbaugebieten gewohnt hat, ein gutes Rezept am liebsten
        mit einem passenden Wein aus meinem Keller ab.
        Unbestritten, Wein gehört auch für mich zur Esskultur
        und einem guten Lebensgefühl. Skeptisch war ich
        allerdings schon immer gegenüber den Lobeshymmnen, die
        auf den Rotwein als Herz-Kreislauf-Medizin gesungen
        werden. Zu sehr entsprach das den Interessen der
        Weinlobby und der geneigte Weintrinker hörte es
        natürlich gerne. Gemüsesaft im Römerglas? In den 90er
        Jahren meinte man aus dem höheren Rotweinkonsum der
        Franzosen und deren geringerer Anfälligkeit für
        koronare Herzerkrankungen (french paradoxon)
        einen Zusammenhang ablesen zu können. Wein und seine
        sekundären Pflanzenstoffe wie Resveratrol sollen
        beispielsweise den Cholesterin Spiegel positiv
        beeinflussen. Da könne man auch roten Trauben-
        oder Gemüsesaft trinken wendeten pfiffige Kritiker
        gleich ein. Gemüsesaft im Römerglas? Wahre Gourmets
        reagierten mit Würgreiz und mit in ihrer Würde
        verletzten Geschmacksknospen. Schnell fand man
        Anhaltspunkte dafür, dass die gesundheitliche Wirkung
        der Inhaltsstoffe in alkoholischer Lösung doch noch
        wirksamer sei, ...so wie Klosterfrau Melissengeist
        vielleicht? Alkohol ist ein bekanntes Lösungsmittel...
        es löst z.B. die Zunge. Selbst die deutsche
        Weißweinlobby ließ sich in Ermangelung des Roten durch
        eine Expertise der Uni Mainz bescheinigen, dass der helle
        Rebensaft ähnlich gesund sei. In vino veritas? | 
| Rotwein genauso gut wie Joggen!? Den Höhepunkt
        erreichten die Befürworter schließlich mit der
        Empfehlung mancher Ärzte: Es sei aus
        gesundheitlichen Gründen fahrlässig, Rotwein nicht zu
        empfehlen! Oha, wer jetzt immer noch keinen Wein
        konsumierte, der bekam ein schlechtes Gewissen. Die
        berühmten Geschäfte mit der Angst... so wie bei
        Nahrungsergänzungsmitteln. Der absolute Gipfel war für
        mich erreicht, als ich in der Boulevard Presse lesen
        musste: Ein Glas Rotwein genauso gut wie eine
        Stunde joggen! Jetzt war ich als Läufer und
        Weintrinker persönlich gefordert! Ja Herrgottzeiten,
        wusste es nicht schon früher der Pfarrer bei der Auswahl
        des Messweins? Haben die kirchlichen Weingüter nicht
        schon immer mit den besten Wein gemacht? Wieso noch
        bewegen und schwitzen, wenn mein Herz mit Rotwein
        geschmiert am besten funktioniert? Herzmuskel aus dem Weinkelch? Man muss bei
        dieser Meldung nicht lange grübeln, um dabei Denkfehler
        zu finden. Wer joggt trainiert nicht nur seinen
        Kreislauf, sondern verbrennt dabei gleichzeitig Kalorien,
        während der Weintrinker beim Konsum eine nicht geringe
        Menge davon aufnimmt. So müsste ein Mann mit 80
        Kilogramm für sein degustiertes Viertel eines Syrah
        Weines rund 2,5, eine 60 Kilo wiegende Frau sogar 3,5
        Kilometer laufen, um die aufgenommene Energiemenge wieder
        abzutrainieren. Oder: entstehen knackige Beine und Po
        oder die Herzmuskulatur wirklich, wenn man ein Glas Wein
        hochhebt und runterschlürft oder muss man sich nicht
        doch bewegen um Muckis aufzubauen? Zweifel erheben nun
        auch Wissenschaftler in einer neuen großen europäischen
        Langzeitstudie des Deutschen Instituts für
        Ernährungsforschung von 2011 und schwächen den
        Medizin-Mythos. Selbst moderate Trinker sollen zumindest
        ein leicht erhöhten Krebsrisiko haben. Auch die
        Weltgesundheits Organisation WHO relativiert den Wein:
        Ein positiver Effekt auf das Herz-Kreislauf-System sei
        höchstens bei Menschen über 70 Jahren nachgewiesen. | 
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 | Lustvoller sündigen Was bleibt für mich übrig? Abwarten bis ich 70 bin? Wenn es beim Wein wirklich um die Gesundheit ginge, würde der Konsum des Rebensafts gegen Jogging und/oder Gemüsesafttrinken haushoch verlieren. Die angeblichen gesundheitlichen Wirkungen dürfen kein Freibrief für ein Besäufnis sein. Wie auch beim Laufen, die Dosis macht das Gift. Man kann sich die Knochen als unverbesserlicher Suchtläufer genauso ramponieren wie die Leber und den Stoffwechsel als Weinliebhaber, wenn die Mengen ausufern. Ein Viertel Wein am Tag und das nicht täglich, für Frauen etwas weniger, mag als vernünftige Obergrenze gelten. Auf keinen Fall muss irgendjemand aus gesundheitlichen Gründen mit Weinkonsum beginnen. Unbestritten ist: mit moderater Bewegung, Spazieren, Walking, Jogging, Radfahren und anderen Ausdauersportarten stärkt man neben Stressabbau und all den anderen positiven Wirkungen sein Herzkreislaufsystem nachhaltig. Nebeneffekt: ein gesunder, fitter Körper kann eher und vielleicht sogar lustvoller genießen und sich sogar kleine Sünden am Buffet oder im Barolo-Kelch leisten. | 
| Laufen und Saufen? Formulierte nicht Professor Gerhard Uhlenbruck in einem seiner Aphorismen treffend: Laufen ist eine Methode sein gesundheitliches Vorstrafenregister wieder zu tilgen Na denn, ...das eine tun und das andere nicht hängen lassen... Am wohlsten fühle ich mich in einer Runde kultivierter, lebensfroher und weintrinkender Läufer. Man sündigt abends ein wenig zusammen (ich meine nicht Saufen!) und joggt am nächsten morgen wieder. Also: Laufen und Laufen lassen  und alles zur rechten Zeit! Auf unser Wohl
        - viel Spaß auf Ihrem Weg zum Genuss- und
        Gourmetläufer! Ihr Herbert Steffny | |
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